MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Samuel Karoch von Lichtenberg

Zeittafel

  • geboren um 1448 vermutlich in Lichtenberg bei Darmstadt

  • Winter 1462/63: Immatrikulation an der Universität Leipzig

  • 1470: Wanderung nach Venedig und 1. Italienaufenthalt

  • 1470/71 und 1483/84: Lehrtätigkeit an der Universität Erfurt

  • 16. April 1472: Immatrikulation als magister an der Universität Ingolstadt

  • Sommer 1473: Immatrikulation an der Universität Basel

  • April 1480: Immatrikulation als poeta an der Universität Tübingen

  • 23. November 1485: Studium der Rechte an der Universität Köln

  • gestorben nach 1499

Wie Peter Luder zählt Samuel Karoch von Lichtenberg zu den frühen Wanderhumanisten, die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts versuchten, den studia humanitatis an den deutschen Universitäten Geltung zu verschaffen, zugleich war er „einer der glücklosesten“ unter ihnen. „Amt und festes Einkommen blieben ihm stets versagt, und kein Gönner befreite ihn aus seiner Armut“ (Worstbrock, Sp. 1033).

Das früheste Lebenszeugnis ist Karochs Immatrikulation an der Universität Leipzig im Winter 1462/63, wo er in den dortigen Matrikeln als pauper geführt wird. In Leipzig scheint er sich mit Unterbrechungen bis etwa 1470 aufgehalten zu haben. Im späten Frühjahr 1470 brach er zu einer Italienreise auf, von der er aber wohl schon im Herbst zurückkehrte, denn nach Ausweis einer der Vorlesungsankündigungen lehrte er bereits 1471 (vielleicht auch schon im Winter 1470) an der Universität Erfurt. Im April 1472 wird Karoch als magister unter den Erstimmatrikulierten der neu gegründeten Universität Ingolstadt genannt. Aber schon im Sommersemester 1473 ist er in den Universitätsmatrikeln von Basel mit dem Vermerk nichil, quia pauper eingetragen. Die nächsten Jahre seines Lebens liegen im Dunklen. Ob er sich in dieser Zeit erneut in Italien aufgehalten hat, u. a. in Ferrara, wovon er in seinen ‘Sinonima’ (1482) berichtet, bleibt unsicher. Ende der siebziger Jahre ist er offenbar in Wien. Auf seiner Rückreise verliert er bei einem Überfall zwischen Straubing und Regensburg sämtliche Habe, wodurch er gezwungen ist, den anschließenden Winter 1479/80 in Schwäbisch Hall zu verbringen.

Im April 1480 wird Karoch als poeta in den Matrikeln der Universität Tübingen, wiederum mit dem Zusatz nihil dedit quia pauer erwähnt, was erneut auf seine finanzielle Notlage hindeutet. Wohl bis 1482 arbeitet Karoch mit Unterbrechungen als Lehrer in Biberach (vgl. seinen Abschiedsbrief vom 7. Sept. 1482 an seine dortigen Schüler). Ein Schreiben an den kurfürstlichen Sekretär Jakob Winter lässt allerdings vermuten, dass er sich zeitweise auch in Heidelberg aufgehalten hat. 1483/84 reist Karoch für eine weitere Lehrtätigkeit nach Erfurt. Auch diese Station scheint glücklos zu sein. Weiterhin ohne feste Anstellung entschließt er sich daher im November 1485, ein Studium des ius civile an der Kölner Fakultät aufzunehmen, wo man ihm die Gebühren propter singulares causas et ob merita persone erlässt. Während der Kölner Zeit entsteht auch die Barbaralexis, Karochs späteste erhaltene Versdichtung. Ob er sich danach nochmals längere Zeit in Italien aufgehalten hat, hängt von der Datierung eines Briefes ab, den er an Bohuslaus Hassenstein von Lobkowitz richtet. In diesem Brief, den Martinek (S. 207f.) ins Jahr 1492 oder 1493 setzt, berichtet Karoch von einem nicht lange zurückliegenden vierjährigen Italienaufenthalt. Zu Beginn der 90er Jahre befindet er sich noch einmal in Wien, wo 1492 seine in Briefform gehaltene 'Epistola iocunda' von Johann von Winterburg gedruckt wird. Dann verliert sich seine Spur. Mit Ausnahme des 1499 von Heinrich Bebel im ‘Commentaria epistolarum conficiendarum’ vorgebrachten Tadels, Karoch ziehe immer noch durch Deutschland, um seine ungebildeten Rhythmen zu verbreiten, sind keine weiteren Lebenszeugnisse von ihm erhalten.

Karochs Lebensweg zeigt, wie schwer es an deutschen Universitäten in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts noch war, ohne finanzielle Mittel und adlige Protektion die studia humanitatis zu verbreiten. Während in Italien bereits der "Frühling in den Wissenschaften" blühte, lag über Deutschland noch der "Dunst", wie Karoch selbst in seiner ‚Arenga de commendatione studii humanitatis‘ schreibt (vgl. Bernstein, S. 39), die im Frühsommer 1470 beim Abschied von Leipzig entstanden ist und in elf Handschriften verbreitet wurde.

Sein Hauptwerk ist naturgemäß lateinisch. Entsprechend dem neuen humanistischen Stil hat Karoch viel in Brief- und Dialogform gedichtet (vgl. MRFH 10728, 10780 und 10330). Abgehandelt werden Themen wie der Vorrang von Bildung und Tüchtigkeit gegenüber dem Adel des Geblüts (‘De beano et studente’, 1466), der Kampf der Virtus gegen Fortuna (‚Historia de comite quodam ex Sopheya’); auch Novellistisches ist in Anlehnung an Boccaccio und Enea Silvio Piccolominis Liebesnovelle ‚Eurialus und Lucretia‘ vertreten (‘Epistola de amore cuiusdam studentis erga mulierem civaticam’). Zweissprachig bzw. in einer lateinisch-deutschen Mischsprache gehalten ist die ‘Barbaralexis’ und ein kleines, humanistisch inspiriertes ‘Schülergesprächsbuch’; mit lateinischen und deutschen Glossen versehen ist sein ‚Dictamen de ira’ und seine 'Elegantiolae' in der an seinen Schüler Johann Gaißer adressierten Ottobeurer Handschrift Ms. O 76.

Karoch zählt zu den ersten Wegbereitern der humanistischen Bewegung in Deutschland, wenngleich seine Werke um 1500, wie die abschätzige Bemerkung Bebels zeigt, bereits als veraltet galten. Ohne feste Anstellung, zeit seines Lebens gezwungen zur poetischen Wanderschaft blieb Samuel Karoch von Lichtenberg letztlich „auch ohne wirkliche Anerkennung in der gelehrten Welt“ (Worstbrock Sp. 1033).

Verf.: cbk / dk.

Literatur:

Baron, F.: Karoch, Samuel, von Lichtenberg. In: NDB 11 (1977), S. 281f.
Bernstein, E.: Die Literatur des deutschen Frühhumanismus. Stuttgart 1978.
Entner, H.: Frühhumanismus und Schultradition in Leben und Werk des Wanderpoeten Samuel Karoch von Lichtenberg (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Sprache und Literatur 39). Berlin 1968, insb. S. 27-40.
Erler, G. (Hg.): Die Matrikel der Universität Leipzig. Bd. 1: Die Immatrikulationen von 1409-1559 (Codex diplomaticus Saxoniae regiae 16). Leipzig 1895, S. 236.
Fürbeth, F.: Karoch von Lichtenberg, Samuel. In: Killy Literaturlexikon 6 (1990), S. 242f.
Hermelink, H.:Die Matrikeln der Universität Tübingen. Bd. I: 1477-1600. Stuttgart 1906 (online), S. 28.
Keussen, H.: Die Matrikel der Universität Köln. 2. Band: 1476-1559 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 8,2). Bonn 1919 (Nachdruck Düsseldorf 1979), S. 184.
Pölnitz, G. v.: Die Matrikel der Ludwig-Maximilians-Universität Ingolstadt-Landshut-München. Teil 1: Ingolstadt. Bd. 1: 1472-1600. München 1937, Sp. 12.
RAG = Repertorium Academicum Germanicum, 114225438.
Sack, V.: Ein Gedicht des Wanderpoeten Samuel Karoch von Lichtenberg zur Feier des Barbaratags in der Kölner Kartause (um 1486/89). In: Elm, K. (Hg.): Landesgeschichte und Geistesgeschichte. Festschrift für Otto Herding zum 65. Geburtstag (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B 92). Stuttgart 1977, S. 188-216, insb. 191-194.
Wackernagel, H. G.: Die Matrikel der Universität Basel. 5 Bde. Basel 1951-1980, I, S. 120.
Worstbrock, F. J.: Karoch (Caroch, Karoth), Samuel, von Lichtenberg (Samuel de Monte Rutilo). In: 2VL 4 (1983), Sp. 1030-1041.
Worstbrock, F. J.: Neue Schriften und Gedichte Samuel Karochs von Lichtenberg. Mit einer Werkbibliographie. In: ZfdA 112 (1983a), S. 82-125.
Worstbrock, F. J.: Karoch, Samuel, von Lichtenberg (de Monte rutilo). In: Boehm, L. (Hg.): Biographisches Lexikon der Ludwig-Maximilian-Universität München. Bd. 1: Ingolstadt-Landshut 1472-1826 (Ludovico Maximilianea Forschungen 18). Berlin 1998, Sp. 209f.

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Samuel Karoch: Synonyma partium indeclinabilium. Druck: Leipzig: Wolfgang Stöckel, C. 1497, 1. Ex, Abb. Bl. 1. Quelle: BSB-Ink = Bayerische Staatsbibliothek. Inkunabelkatalog online. München.

Version vom 31. 07. 2012 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/0016.