MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Bernhard von Kraiburg

Bernhard von Kraiburg gehört zu den Gelehrten in Deutschland, die ihre Bildung und ihr Interesse an humanistischer Literatur bei ihrem Studienaufenthalt in Italien erwarben. Er studierte in Padua, wo er den Doktorgrad erwarb, und in Wien, wo er in den Universitätsmatrikeln 1442 bereits als Doktor des kanonischen Rechts geführt wird. In Wien gehörte er offenbar zum frühhumanistischem Kreis um Enea Silvio Piccolomini, der als kaiserlicher Sekretär in Wien wirkte. Über die Verwaltungsebene begann Bernhard schließlich eine geistliche Laufbahn. Der Dienstantritt in der erzbischöflichen Kanzlei in Salzburg wird auf 1447 datiert. 1463 übernimmt er die Leitung der Kanzlei. Schließlich erfolgt 1467 die Weihung zum Bischof von Chiemsee. In dieser Funktion stirbt er am 17. Oktober 1477 und wird in der Kathedrale seines Bistums auf Herrenchiemsee beigesetzt.

Von Bernhard sind zwei Werke zu den Artes oratoria et epistolandi sowie theologische Gelegenheitsschriften überliefert. Hinzu kommen literarische Briefe, u.a. zur Eroberung Konstantinopels, zum Tod des böhmischen Königs Ladislaus Postumus sowie ein fiktiver Briefwechsel mit dem hl. Ruprecht. Seine Schriften sind schon von frühhumanistischen Einflüssen geprägt, die wohl auf Bernhards Kontakte zum Wiener Humanistenkreis zurückgehen.

Von den mehr als 100 Handschriften- und Inkunabelbänden, die sich Bernhards Bibliothek zuordnen lassen, gehören auch zahlreiche antike und frühhumanistische Schriften. Hierzu zählen neben Cicero, Seneca und den Fabeln des Aesop u.a. eine Abschrift von Petrarcas 'De remediis utriusque fortune' (München, BSB, Clm 5429), Boccaccios 'De casibus virorum illustrium' (Clm 5377/78), Briefe Poggios (Clm 5337 und 5350) und Eneas Schrift 'De miseriis curialium' (Clm 5420). Aufgrund des Einbandes wird zu seiner Bibliothek auch das Salzburger Exemplar der lat.-dt. Ausgabe von Boethius' 'De consolatione philosophiae' mit dem lat. Kommentar des Ps.-Thomas von Aquin gezählt (vgl. Ruf, S. 234), dessen Schließen Bernhards Devise ONOYS aufzeigen.

Verf.: js / cbk.

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Literatur:

Bauer, W. M.: Bernhard von Kraiburg. In: 2VL 1 (1978), Sp. 769-771.
Joachimsohn, P.: Bernhard von Kraiburg. Nürnberg 1901.
Ruf, P.: Eine altbayerische Gelehrtenbibliothek des 15. Jahrhunderts und ihr Stifter Bernhard von Kraiburg. In: Redenbacher, F. (Hg.): Festschrift. Eugen Stollreither zum 75. Geburtstage gewidmet von Fachgenossen, Schülern, Freunden. Erlangen 1950, S. 219-239 u. IX-XI.
Sottili, A.: Zur Verbreitung von Petrarca-Handschriften im Deutschland des 15. Jahrhunderts. In: Francesco Petrarca 1304-1374. Werk und Wirkung im Spiegel der Biblioteca Petrarchesca. Hg. v. R. Speck und F. Neumann. Köln 2004, S. 210-226, insb. S. 214.

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Wappenstempel Bernhards von Kraiburg. Quelle: ÖNB, Die Handschriften der Vorsignaturengruppe 'Salisburgenses' und ihre Herkunft (letzter Zugriff: 17.01.2012).

Version vom 03. 04. 2012 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/0285.